Die og. Begriffe begegnen einem häufig im Betriebsalltag und man verwendet sie leider viel zu häufig synonym. Dabei handelt es sich um völlig verschiedene Problemstellungen, Herangehensweisen und Lösungen. Grund genug sich damit näher zu beschäftigen. Was ist der Unterschied zwischen Dateimanagement, Dokumentenmanagement sowie Wissensmanagement und wie sehen die entsprechenden Lösungen aus? Und was ist in diesem Kontext ein Datenschutzmanagement?
Wachstumsproblem
Jedes Unternehmen, das eine gewisse Größe erreicht hat, wird vor immer die gleichen Probleme gestellt: gespeicherte Informationen. Sie sammeln sich an und füllen die Datenspeicher. Die erste Abhilfe ist schnell gefunden, denn Festplatten sind günstig. Doch irgendwann sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr und sucht vergebens nach dem einen Dokument oder der einen Mail, der einen Telefonnummer. Gestern war es noch da und heute findet man nur noch Daten, die man nicht braucht. Gerne wird dann ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) als Allheilmittel angepriesen. Ja das kostet ein paar Euro. Sollte es einem das Geld wert sein?
Der Wunsch nach Ordnung
Die wohl erste Hürde, die ein wachsendes Unternehmen bewältigen muss, ist die Dateimenge. Schnell sammeln sich hunderte von Dokumenten an, Angebote, Rechnungen, Produktbeschreibungen, Datenblätter, Programmversionen uvm. Wer jetzt unbedacht zum Dokumentenmanagement greift, verflucht diese Entscheidung ein paar Monate später. Bei der Präsentation mit wenigen Dokumenten sieht das System noch übersichtlich aus, mit einer Vorschau, mit Versionen, Autoren, einer Suche usw. Ein paar Monate später hat man u.U. einige tausend Dateien eingespeist und der Überblick geht wieder flöten. Dann fängt man an zu strukturieren und zu gruppieren und flucht gleichzeitig über den verlangsamten Workflow. Denn nun müssen Dokumente ein- und ausgecheckt werden, man muss sie vor der Ablage beschreiben und zuordnen und zuweisen. Und löschen lassen sich alte Dateien auch nicht. Zwar lassen sich DMS manchmal auch im Verwaltungsmodus betreiben, also ohne die unlöschbare Archivierung, was aber trotzdem umständlich ist und eigentlich die Kernfunktion ausklammert. Dabei wollte man doch nur Ordnung haben! Dann dämmert einem, dass man viel Zeit und Geld zum Fenster raus geworfen hat.
Dateimanagement
Um Ordnung in den Dateibestand zu bekommen braucht man kein Dokumentenmanagement, sondern Dateimanagement. Windows Explorer (nicht Internet Explorer) ist ein Dateimanager. Oder der Finder auf dem Mac, Total Commander oder, oder. Jedes Programm, das geeignet ist Ordner, Freigaben oder Netzlaufwerke aufzulisten und zu durchsuchen ist geeignet. Nur sollte man sich damit gründlich beschäftigen. Tastenkürzel, Suchoptionen, Favoriten und Autofunktionen sind nicht immer intuitiv und offenkundig. Aber teils sehr mächtig und praktisch. Außerdem gehören begleitende Orgastrukturen dazu. Eine Festlegung, wie der Standardprojektordner auszusehen hat, wer ihn anlegen darf und welche Unterordner mit welchen Inhalten er beinhaltet, gehört ebenfalls dazu. Oder wie alte Dateien (z.B. jahresweise oder abgeschlossene Projekte) von aktuellen Daten separiert und in ein Archiv verschoben werden [1]. Ein sinnvolles Rechtemanagement ist natürlich ebenfalls Pflicht. Wer mit bestimmten Dateien oder Ordnern nicht arbeitet, muss sie nicht bearbeiten, ja noch nicht einmal sehen können. Es lohnt sich die eigenen Angestellten, auch in dieser an sich grundlegenden Aufgabe, zu schulen. Dateimanagement ist also mehr ein Prozess, als ein Produkt.
Dokumentenmanagement
Und was ist jetzt mit den Dokumentenmanagementsystemen (DMS)? Wann und warum braucht man sie? Und warum sind sie so kompliziert? Dokumentenmanagement braucht man, wenn man das Vorhandensein eines Dokumentes zu einem bestimmten Zeitpunkt beweisen muss. Gesetzeskonforme Mailarchivierung ist so ein Beispiel. Und im Rahmen der elektronischen Buchführung braucht man es auch, wie auch bei der Dokumentation von medizinischen Leistungen. In der Computerforensik will man beweisen, welchen Zustand man vorgefunden hat. Oder ganz allgemein, welchen Vertrag wann und mit wem geschlossen wurde. Diese Informationen müssen dann so aufbewahrt werden, dass man den ursprünglichen Zustand und alle späteren Änderungen unlöschbar dokumentiert. Revisionssicherheit ist das Stichwort. Ein Revisor kann dann ins System schauen und eine verbindliche Aussage zum bestimmten Dokument und Zeitpunkt machen. Dazu braucht man ein Dokumentenmanagementsystem. Aber auch wenn das DMS versucht Ordnung im eigenen Bestand zu halten, so ist doch Ordnung nicht seine Kernaufgabe, sondern Verbindlichkeit. Und wenn man Ordnung sucht, sollte man besser weiter schauen.
Wissensmanagement
Wenn es eher auf die Inhalte, also das Wissen, ankommt und nicht auf das Format, schlägt die Stunde des Wissensmanagements. Wissensmanagement braucht man, wenn man viele Informationen zu verwalten hat. Jedes Unternehmen hat ToDo-Listen, Notizenprogramme, Post-ITs, Handbücher, eine kleine Bibliothek, Aushänge und nicht zuletzt das Wissen der Mitarbeiter selbst. Viele betriebliche Anforderungen, wie die IT-Administration, Archivierung, Datenschutz oder die Betriebsabrechnung, fordern eine geordnete Dokumentation. Um all das zu kanalisieren reicht irgendwann eine Dateisammlung, egal ob im DMS verwaltet oder auf Festplatten organisiert, nicht mehr aus.
Ich empfehle für diese Aufgabe ein Wiki. Ich selbst verwende gerne das Open Source Projekt DokuWiki [2], aber jedes andere Produkt wie MediaWiki [3], oder auch das in SharePoint enthaltene [4] ist dafür geeignet. Das gewünschte Wiki wird dabei auf einem Webserver, je nach Anforderung im Internet oder Intranet, verfügbar gemacht. Zugriffsberechtigungen sorgen dafür dass nur Berechtigte und nur auf die ihnen zugewiesenen Informationen zugreifen können. Ein wenig Struktur und Organisation braucht es natürlich auch. Dann kann jeder Mitarbeiter beitragen oder partizipieren. Dadurch dass Mitarbeiter einbezogen werden, steigt auch deren Motivation das Wiki mit Wissen zu füllen und zu verbessern. Der Supportaufwand in einigen Bereichen kann verringert werden, wenn Anleitungen zur IT nicht mehr beim Admin oder Kollegen erfragt werden müssen. Selten durchgeführte Aufgaben dünnen mit der Zeit nicht aus, sondern werden immer so ausgeführt wie sie beschrieben wurden. Prozesse werden durch gemeinsames Wissen verbessert und optimiert. Die wohl in allen Unternehmen herumfliegenden Telefonlisten können verschwinden. Und auch der, in etlichen Gesetzen geforderten [5], Aushangpflicht kann man damit relativ leicht nachkommen. Kurz, kaum eine andere Maßnahme hat das Potential die innerbetriebliche Arbeitsweise so nachhaltig zu verbessern.
Datenschutzmanagement
Was ist nun ein Datenschutzmanagement unter den vorgenannten Bedingungen? Es muss den Zufluss, die Bearbeitung und den Verbleib personenbezogener Daten erfassen, dazu alle Verarbeitungsvorgänge und die erforderlichen, sowie umgesetzten Maßnahmen und Zuständigkeiten dokumentieren. Dabei interessiert den Prüfer weder wo und wie die Informationen ggf. ordentlich abgelegt sind, noch was gestern war [6]. Es will, vereinfacht ausgedrückt, wissen, ob sich das Unternehmen jetzt an die gültigen Datenschutzvorschriften hält.
Ein Datenschutzmanagement ist also kein Produkt, sondern ein Prozess aus vielen Teilprozessen und Systemen. Es ist eine Art zu arbeiten! Das Ergebnis ist kein Dokument, sondern das Wissen um den Zustand des Unternehmens im spezifizierten Bereich des Datenschutzes. Damit entspricht die Anforderung am ehesten dem eines Wissensmanagements.
Fazit
Informationen müssen in einem Unternehmen verwaltet werden und gute Managementsysteme kosten jede Menge Geld. Beim bedachten und problemorientierten Einsatz ist das aber gut angelegtes Geld. Doch leider wird ein DMS in der Praxis schon vorgeschlagen, noch bevor man das Problem überhaupt vollständig erörtern konnte. Dann geht es nur darum dem Kunden ein Produkt zu verkaufen, ohne den Nutzen zu hinterfragen. Der Anwender hat dann womöglich nur Nachteile bei der Arbeit und das ursprüngliche Problem wird damit wahrscheinlich nicht gelöst. Bei allen Managementsystemen sollte man unbedingt die Produktnebenkosten berücksichtigen [7], sie können den eventuellen Anschaffungspreis bei weitem übersteigen. Auch muss ein Managementsystem nicht immer ein bestimmtes Produkt sein, manchmal ist es die Summe von strukturierten Handlungen.
[1] Wie man ein sinnvolles Archivsystem einrichtet und betreibt soll an dieser Stelle nicht erläutert werden. Ich verweise aber an das BSI als Referenz- und Inspirationsquelle: Baustein B 1.12 Archivierung
[2] Projektseite: https://www.dokuwiki.org/de:dokuwiki
[3] Projektseite: https://www.mediawiki.org/wiki/MediaWiki/de
[4] SharePoint ist natürlich wesentlich mehr als nur ein Wiki: https://de.wikipedia.org/wiki/SharePoint
[5] Mehr zu Aushangpflichten bei der IHK-Koblenz: Aushangpflichten für Arbeitgeber
[6] Tatsächlich kommt das Wort “Revision” oder “revisionssicher” sowohl in der Datenschutzgrundverordnung als auch im Budesdatenschutzgesetz kein einziges Mal vor. Datenschutzgrundverordnung Bundesdatenschutzgesetz
[7] Das Fehlen der Lizenzkosten, speziell bei Open-Source-Software, führt häufig zu der Fehlannahme die betriebliche Produktnutzung sei kostenfrei. Dabei dürfen die Einrichtungs- und Betriebskosten keinesfalls unterschätzt werden sollten, wie zahlreiche Erklärungsversuche im Netz belegen. https://www.heise.de/ct/artikel/Die-Woche-Was-Open-Source-Software-kostet-1791105.html https://www.5th-floor.de/cms/ist-open-source-wirklich-kostenlos/